Manipulationsabwehr = Kurse für geistige Selbstverteidigung
Manipulation im Laufe der Geschichte
- ~war schon immer: z.B. gab es Technik in altgriechischen Tempeln, die die Präsenz der Götter vortäuschen sollte
- um das Volk zu unterdrücken reichte oft physische Unterdrückung (Gewalt)
- um 1800 wurde die gefühlte Gruppenzugehörigkeit der Massen/Subjekte/Untertanen/Leibeigenen zum Land und Herrscher wichtig; z.B. Napoleons Levée en Masse und von Clausewitz‘ Nationalgefühl
- im 19. Jahrhundert: Arbeiter für Fabriken immer wichtiger, immer mehr konnten lesen und schreiben und sich organisieren. Außerdem vollzog sich ein Machtwechsel vom Adel zum Besitzbürgertum
- Man konnte die Untertanen/Subjekte/Massen immer weniger zwingen – also musste man ihnen den Eindruck von sozialer Sicherheit, politischer Mitsprache und Freiheit geben, möglichst ohne diese zu gewähren.
- Um die Massen zu lenken, muss man sie verstehen: Auftritt Güstave LeBon, Massenpsychologie (1895)
- Im 1. Weltkrieg war die Manipulation der eigenen Bevölkerung zur Zustimmung kriegsentscheidend: Medien waren Zeitungen und Wochenschau (USA, DR. Reich)
Die erste Vollendung durch E. Bernays
Edward Bernays machte in „Propaganda“ (1928) sehr klar, wer ihr Nutznießer und was ihr Zweck ist:
- „Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element der demokratischen Gesellschaft. Diejenigen, die diesen unsichtbaren Mechanismus der Gesellschaft manipulieren, bilden eine unsichtbare Regierung, die die wahre herrschende Macht unseres Landes ist. Wir werden regiert, unser Geist wird geformt, unser Geschmack geformt, unsere Ideen vorgeschlagen, größtenteils von Menschen, von denen wir noch nie gehört haben….“ Propaganda (1928), p. 37
- ab 1930 dann noch deutlicher:
„die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltensweisen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Organisationen, die im Verborgenen arbeiten, lenken die eigentlichen Abläufe. Sie sind die eigentlichen Regierungen in unserem Land.“ - Der Grund ist die „zunehmende Komplexität“ also die Abhängigkeit der Machtelite von der Bevölkerung:
„Im Zuge der zunehmenden Komplexität der Zivilisation und der zunehmenden Notwendigkeit einer unsichtbaren Regierung wurden technische Mittel erfunden und entwickelt, mit denen die Meinungsfreiheit reglementiert werden kann.“ 1930 Propaganda - E.Bernays und seine Adressaten empfanden es als glücklich, dass es mit der Selbstreflexion der zu Lenkenden nicht weit her sei:
„Die Stimme des Volkes drückt die Meinung des Volkes aus, und diese Meinung wird von den Gruppenführern geprägt, an die es glaubt, und von jenen Personen, die verstehen, wie man die öffentliche Meinung manipuliert. Sie besteht aus ererbten Vorurteilen und Symbolen und Klischees und verbalen Formeln, die ihnen von den Führern geliefert werden.“ Propaganda 1928 S. 109
Der Stand der Dinge heute
Offensichtlich hat die Bedeutung von Manipulation und Propaganda zugenommen. Positiv ausgedrückt ist es „Ziel der Propaganda […], das Individuum an die Gesellschaft anzupassen“. Jacques Ellul
In der Arbeit „A Comprehensive Analysis of Narratives within NATO’s Doctrin“ von Dominic Saari, Teemu Häkkinen und Panu Moilanen von der University of Jyväskylä, Finland wird sehr deutlich gemacht, dass Storytelling und das eigene Narrativ von entscheidender Bedeutung ist.
According to NATO StratCom, narratives convey the purpose and desired outcomes of activities, fostering understanding, support, and legitimacy. These brief and memorable story arcs help contextualize strategic planning, enhance organizational cohesion, and enable culturally relevant communication to reach target audiences and promote objectives (AJP-10 2023). NATO Counter-Insurgency Doctrines state that narrative is the central mechanism through which ideologies are mobilized and expressed (AJP-3.4.4 2011; AJP-3.27 2023)
Das sich dieses Phänomen durchzieht, kann man u.a. daran bemerken, dass seit einiger Zeit überall, in politischen Reden und in Zeitungsartikeln vom „Narrativ“ die Rede ist.
Wir können davon ausgehen, dass viele diese Narrative absichtlich formen, für uns (manchmal) unbekannte Auftraggeber, um uns zu hintergehen. Andere geben diese Narrative weiter, weil sie sie glauben. Und es ist sicherlich sinnvoll, davon auszugehen, dass jede Machtelite, jede machtinhabende Person, natürlich oder juristisch, ihr bestes gibt, damit wir die „richtige“ Geschichte glauben.
Mit anderen Worten sind wir nicht weiter als zu Napoleons Zeiten: Die Massen – also wir – sollen bestimmte Dinge glauben für wahr nehmen, damit wir bestimmte Meinungen haben und in der Folge bestimmte Handlungen gut heißen, die den Zielen derjenigen dienen, die diese Ziele und die passenden Narrative formen.
- Wenn deren Ziele unsere Ziele wären, wäre das alles nicht notwendig.
- Wenn deren Ziele gut für uns wären, wäre das alles nicht notwendig.
- Wenn deren Ziele prinzipiell gut Ziele wären – aka humanistisch, also für Menschen, uns aber etwas zumuten würden, wäre das ebenfalls nicht notwendig.
- Daraus folgt: Narrative sind nicht für die Wohlfahrt der Menschen, sondern, um sie zu etwas zu tricksen.